Toleranz

Als erstes ein sehr wertvoller Gast-Artikel über TOLERANZ von und mit dem Autor Bernhard KONRAD in der Blog Reihe von UR-Punkt.

TOLERANZ

nur die Erweiterung der Akzeptanz?  ODER Was bringt es für DICH?!

 
Was passiert gerade?

Was ist los mit uns und unserer Gesellschaft?

Warum gibt/gab es solche Menschen wie Tom Neuwirth, Lady Gaga, Michael Jackson, das „kleine“ Individuum von der Straße, die eine „Kunst“figur erschaffen haben (auch zum Selbstschutz) um für ihr(e) Anliegen sich Gehör zu verschaffen.

Es brechen Strukturen und Oberflächen auf, die Jahrhunderte lang Bestand hatten, aber sehr viel verdrängt haben. Ausbrüche des Verdrängten gab es immer wieder. Nun erfolgte wieder so eine Eruption unseres gesellschaftspolitischen Wertesystems.

„ENDLICH!“ sagen/schreien/singen die einen, „UM GOTTES WILLEN“  die anderen.

Aber was ist daran schlecht, Sachen, Strukturen und Werte zu hinterfragen.

Ich meine – und die Basislehre jeder Religion sind mit mir stimmig –

NICHTS! Absolut NICHTS!

Die Menschheitsgeschichte ist voll von Umbrüchen und Hinterfragen von Wertesystemen, denn nur so konnten – und können – wir uns weiterentwickeln. Nur weil wir uns in einer hochtechnischen, schnelllebigen Informationsgesellschaft bewegen (obwohl, wann ist man schon hochtechnisch? und seit wann ist Wissen begrenzt?), in der sich Oberflächlichkeit rasantesten ändern, heißt es doch nicht, man darf sich als Gesellschaft nicht weiterentwickeln. Eben weil wir unsere Werte jahrzehntelang nicht reflektiert haben und geändert haben, sind wir jetzt dort, wo wir sind. Einbrüche, Abstürze, Revolutionen, Aufbegehren, etc.

Das kollektiv Verdrängte bricht wieder einmal aus den tiefsten Tiefen des Unterbewusstseins hervor und zwingt – den einen mehr, den anderen weniger – zu Veränderungen. Viele schließen sich im gleichen Bewusstseins Gedanken zusammen und kämpfen für dessen Anhörung und Durchsetzung.

Auch so die Toleranz.

Im 21. Jahrhundert ist nun endlich Zeit, Raum und Gesamterfahrung vorhanden, sich selbst und jedem anderen eingestehen zu lassen, sich seiner Selbstverwirklichung hinzugeben. Gerade wir, diejenigen welche in einer Wohlstandsgesellschaft leben (dessen Wohlstand durch Fleiß aber auch auf dem Rücken anderer entstand), haben diese – ich würde sagen – Verpflichtung, jeden leben zu lassen, wie er es möchte. Solange man gegenseitig die individuellen Grenzen des anderen achtet und ihn/sie nicht mit seinem Verhalten in Leib und Leben bedroht und verletzt, ist doch alles eine richtige Entwicklungen. Eine humane Entwicklung. Eine empathische Entwicklung. Wir wünschen uns doch alle in einer Gesellschaftsform zu leben in der wir unique sein können und nicht kollektiv? Doch wir leben derzeit in einem System, das uns gegenseitig „zwingt“, Doktrinen zu erfüllen, die für die menschliche (Weiter)Entwicklung hinderlich, ja sogar tödlich sind.

Jeder darf und soll über Conchita Wurst denken und mögen, was er/sie/es will, aber die Botschaft ist jene, der man Gehör zu schenken hat. Ebenso wie andere Künstler z.B. Lady Gaga, Madonna diese Botschaft ebenso schon lange vorher öffentlich vertreten haben. Ja, ich weiß, ich nenne wieder „Ikonen“ der Homo- & Transsexuellen „Welt“, aber warum ist gerade hier die Anhängerschaft so groß? Eben, weil es wie bei allen unterdrückten Minoritäten, auch hier der Wunsch ist, gehört zu werden, anerkannt zu werden, akzeptiert zu werden. Klar hat die Szene noch viel selber dazu beizutragen, dass „intern“ die Akzeptanz des Individuums auch endlich Platz findet. Aber es ist eine Gesetzmäßigkeit, das Unterdrückung aus/aufbrechen wird und das meistens nicht leise oder auch gewaltfrei.

Jeder hat nun wieder einmal die Chance bekommen, seine Wertvorstellungen zu überprüfen und sich zu fragen:

„Bin ich wirklich tolerant?“

„Bin ich schonungslos ehrlich zu mir?“

„Wo hört meine Toleranz bei anderen auf? Und warum?“

„Ist das, was mein Wertesystem an Toleranz bedroht, wirklich eine Bedrohung für mich, sprich werde ich körperlich dadurch verletzt?“

„Oder ist einfach nur mein intellektueller Horizont und meine Komfortzone bedroht?

Solange man nicht den anderen tötet und/oder physisch und/oder psychisch misshandelt, soll doch jeder leben dürfen wie er/sie/es möchte. Die Natur ist unser bestes Beispiel. In ihr ist alles enthalten, warum soll dies in der MENSCHlichen Natur nicht vorhanden sein? Konzepte kommen und gehen, es ist der natürliche Kreislauf. Aber man kann sich anpassen oder besser und zum Wohl seiner eigenen Psyche, lernen es zu akzeptieren und anzunehmen. Sich selber wahr zu nehmen. Selber seine Bedürfnisse aussprechen und umsetzen.

Conchita Wurst alias Tom Neuwirth greift keine traditionellen Strukturen, wie Familie, Kinder, Ehe an. Nein, er hinterfragt unsere Erziehung? Ist diese so aufgebaut, dass jedes Individuum sich entwickeln darf, wie es will? Und wenn Nein - Warum?

Sind die diversen Abspaltungen der Basislehren der Religionen noch zeitgemäß für den nächsten Entwicklungsschritt der Rasse Mensch? Die Erkenntnisse der Wissenschaft sind zu beleuchten und anzunehmen und im Licht der Toleranz des Individuums neu zu ordnen und zu interpretieren.

Im Idealfall ist der Mensch bei sich angekommen, wenn er akzeptiert, dass er sich immer, zu jeder Zeit und unter allen Voraussetzungen und Umgebungen, ändern und verändern darf. Und sich selbst dies auch eingesteht und Courage dazu besitzt, seine aktuellen Lebensphasen auch öffentlich zu leben. Ich selbst versuche dies tagtäglich zu leben und es ist nicht immer leicht, da man sich immer selber in Frage stellen muss. Aber es ist ein toller und abwechslungsreicher Weg und beschert mir viel an Erfahrung und Erkenntnis, die ich in meinem Leben nicht missen möchte.

In diesem Sinne: BE SMART – BE TOLERANT :)

ein Gastartikel von © Bernhard KONRAD